Die dünnste Goldschicht der Welt: Wissenschaftlern in Schweden ist die Herstellung von zweidimensionalem Gold gelungen
Die Entwicklung von „Golden“ ist ein wichtiger Meilenstein für die Materialwissenschaft
Anfang des Jahres erzielten Forschende der schwedischen Universität Linköping einen bedeutsamen Durchbruch im Bereich der Nanotechnologie. Erstmals in der Geschichte gelang ihnen die Isolierung von einlagigem Gold. Bei dem Material mit der Bezeichnung „Golden“ (Betonung auf der zweiten Silbe) handelt es sich um eine zweidimensionale Goldstruktur, die aus nur einer Atomschicht besteht. Selbst das dünnste handelsübliche Blattgold ist mehrere hundertmal dicker als der neue Werkstoff.
Stoffe wie Graphen und hexagonales Bornitrid haben aufgrund ihrer ultradünnen, bienenwabenartigen Struktur einzigartige Eigenschaften
Zweidimensionale Materialien: flach, aber ganz bestimmt nicht langweilig
Zweidimensionale Materialien sind kristalline Stoffe, die nur eine einzige Atom- oder Moleküllage dick sind. Aufgrund ihres großen Verhältnisses von Oberfläche zu Volumen weisen diese ultradünnen Strukturen Merkmale auf, die sie deutlich von anderen allotropen Modifikationen (= Zustandsformen) desselben Elements unterscheiden. Sie haben außergewöhnliche optische, elektronische und katalytische Eigenschaften, aufgrund derer sie Gegenstand umfangreicher (Grundlagen-)Forschungen sind. Zu den in jüngerer Zeit entdeckten oder entwickelten einschichtigen Materialien gehören Borophen, Germanen, Silicen und natürlich Graphen, das für seine außergewöhnliche Festigkeit, elektrische Leitfähigkeit und thermischen Eigenschaften bekannt ist. Die Herstellung dieser Materialien erfolgt durch Exfoliation (Ablösen von Schichten aus Massenmaterialien) oder Bottom-up-Synthese (stufenweiser Aufbau der Atomschichten).
Für die Synthese von Golden wurde eine jahrhundertealte chemische Ätzmethode aus Japan angewandt
Überwindung werkstofflicher Herausforderungen
Mit Golden ist zum ersten Mal die Isolierung eines zweidimensionalen Metalls geglückt. Seine Entdeckung eröffnet neue Möglichkeiten für den Einsatz von Elementarstoffen. Allerdings stellt die Erzeugung stabiler Monoschichten aus reinen Metallen wie Gold ein schwieriges und aufwändiges Unterfangen dar. Schuld daran ist die Art der chemischen Bindung. Bei der Metallbindung werden die Außenelektronen von den Atomen freigegeben. Zurück bleiben positiv geladene Atomrümpfe, die sich in regelmäßigen Gittern anordnen (Metallgitter). Diese Delokalisierung oder Verteilung der Elektronen über die einzelnen Atome bewirkt, dass sich Metallatome auf natürliche Weise miteinander verbinden. So entstehen Cluster bzw. Nanopartikel anstelle von Nanoschichten. Einatomige Schichten sind weniger stabil und fehleranfälliger als dreidimensionale Materialien. Aufgrund dieser innewohnenden Instabilität neigen solche Schichten dazu, sich aufzurollen oder zusammenzufallen.
Mehreren Wissenschaftsteams gelang in der Vergangenheit bereits die Herstellung von Goldschichten, die zwischen anderen Materialien (beispielsweise mit Graphen beschichtetem Siliciumcarbid) eingebettet waren. Im Anschluss scheiterten sie jedoch regelmäßig daran, die extrem dünnen Schichten herauszulösen, ohne dass die Atome dabei zusammenklumpten. Zur Vermeidung des Problems bauten die schwedischen Forscher zunächst eine dreidimensionale Struktur aus Titan, Silicium und Kohlenstoff. Auf dieses elektrisch leitfähige Keramikmaterial deponierten sie eine dickere Goldschicht und erhitzten beide auf 670 Grad Celsius. Im Rahmen eines Prozesses, der als „Interkalation“ bezeichnet wird, gingen die Goldatome in die Keramik über und ersetzten nach und nach das enthaltene Silicium. Mithilfe einer jahrhundertealten japanischen Schmiedetechnik lösten die Wissenschaftler die neue Goldschicht anschließend aus dem Titangoldcarbid-Verbund heraus. Dabei verwendeten sie Murakami-Reagens, ein spezielles Ätzmittel, um das Wirtsgitter aus Kohlenstoff und Titan wegzuätzen, ohne die hauchdünne Goldlage zu beeinträchtigen. Zur Verfeinerung der Methode experimentierte das Team mit verschiedenen Reaktionsbedingungen und Lösungskonzentrationen. Dabei fanden sie heraus, dass Cetyltrimethylammoniumbromid (CTAB) und Cystein die isolierten Lagen stabilisieren und die Goldatome zwingen, in einer Schicht zu verharren, anstatt mehrkernige Komplexe zu bilden. Beide wirken als Tensid – also eine Substanz, welche die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit oder die Grenzflächenspannung zwischen zwei Phasen herabsetzt und die Bildung von Dispersionen ermöglicht.
Eine neue Golden(e) Ära?
Einlagiges Gold ist ein revolutionäres Material mit besonderen Merkmalen, die sich deutlich von dreidimensionalem Gold unterscheiden:
- Elektrische Eigenschaften: Während Gold, so wie wir es kennen, ein hervorragender elektrischer Leiter ist, verhält Golden sich aufgrund seiner 2D-Struktur wie ein Halbleiter. Daraus ergeben sich viele Möglichkeiten für seinen Einsatz in der modernen Elektronik.
- Katalyse: Auch für die Umwelttechnik ist der neue Werkstoff interessant. Weil darin jedes Atom zwei freie Bindungen aufweist, ist er deutlich reaktionsfreudiger als die herkömmliche Variante. Damit könnte Golden irgendwann eine Schlüsselrolle bei der Umwandlung von Kohlendioxid und der Wasserstofferzeugung spielen.
- Lichtsensorische Eigenschaften: Da es in der Lage ist, Licht wirksam einzufangen, könnte Golden in zukunftsweisenden Lichtsensoren und photovoltaischen Geräten zum Einsatz kommen.
Die höhere Reaktionsfreudigkeit von Golden hat Potenzial für die Bindung von CO₂-Emissionen und eine energiesparendere Wasserstoffproduktion
Synthese von zweidimensionalem Gold eröffnet neue Perspektiven in Wissenschaft und Technik
Die Erzeugung von Gold mit nur einer atomaren Lage ebnet den Weg für spannende neue Anwendungen. Das skalierbare Verfahren könnte zur Herstellung weiterer elementarer 2D-Materialien (sog. „Metallene“) genutzt werden. Stabile Materialien aus einer einzigen Atomlage eröffnen darüber hinaus neue Perspektiven für die Erforschung von Quanteneffekten und grundlegenden Stoffeigenschaften auf atomarer Ebene. So können Sie unser Verständnis in der Physik und Chemie mehren helfen.
Quellen:
- Synthesis of goldene comprising single-atom layer gold
- A single atom layer of gold—researchers create goldene
- Breakthrough in Material Science: ‘Goldene’, A Single-Atom Layer Gold
- Scientists make the first single-atom-thick sheet of gold. It’s called ‘goldene’
- Meet ‘goldene’: this gilded cousin of graphene is also one atom thick
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Scientists finally make ‘goldene’, a breakthrough new material